Was kann "Treiben lassen" sein?
Als Fortschritt, Stillstand oder motiviert durch Angst nehmen in unserer Septemberausgabe die unterschiedlichsten Assoziationen unserer Autoren dazu Gestalt an...
Als Fortschritt, Stillstand oder motiviert durch Angst nehmen in unserer Septemberausgabe die unterschiedlichsten Assoziationen unserer Autoren dazu Gestalt an...
Phantasie
Ruhe und Stille in Schweigen
sanfter Klänge stille Musik
der Phantasien Wege zweigen
Geschichte von Geschichten scheiden.
Verstandes Geist taucht hinein
in der Gedanken Ströme,
ließ Kontrolle Freiheit sein
treibend Bilder schönster Schein:
Auf hoher stürmisch‘ See,
scharfen Säbel in der Hand
in des Ausgucks höchstem Stand
sucht sie Abenteuerland.
Auf höchstem Berge Gipfel
In eisigem kalten Wind
schrie sie wie ein selig Kind,
das den steilsten Hang bezwingt.
Der Geiste eilet im Stillen,
Gedanken fließen und treiben,
der Phantasien eigener Willen
gespiegelt in tausenden Brillen
bricht sich der treibenden Kräfte Blick
und will nicht ins Zugegen zurück:
Vor ihr ein tödlich‘ Drache
Steht sie, mit gezücktem Schwert,
zitternd Ritter zugekehrt,
zuletzt zur Heldin geehrt.
Und sie steht auf dem Surfbrett
das da tanzt auf den Wellen
um Felsen tückisch Stellen,
im Herzen Glücke quellen.
Ihre Gedanken fließen
Sie treiben einfach dahin
Phantasievoll erschließen,
die Geschichten genießen.
Entfalteten Bildes wundersam‘ Kraft,
wie jeder seine eigne Welt erschafft.
Denn Träume sind es,
die formen uns neu,
Sei bleiben bei uns
sind ruhlos und treu;
und sei dort ein Funken
in einem schlagend Herz
so folg ihm gespannt
er ist es so wert.
Und
Vergiss nicht zu zeigen
Was du hast verspüret
lass deinen Verstande verweilen
deine Gedanken sollen treiben!
Ruhe und Stille in Schweigen
sanfter Klänge stille Musik
der Phantasien Wege zweigen
Geschichte von Geschichten scheiden.
Verstandes Geist taucht hinein
in der Gedanken Ströme,
ließ Kontrolle Freiheit sein
treibend Bilder schönster Schein:
Auf hoher stürmisch‘ See,
scharfen Säbel in der Hand
in des Ausgucks höchstem Stand
sucht sie Abenteuerland.
Auf höchstem Berge Gipfel
In eisigem kalten Wind
schrie sie wie ein selig Kind,
das den steilsten Hang bezwingt.
Der Geiste eilet im Stillen,
Gedanken fließen und treiben,
der Phantasien eigener Willen
gespiegelt in tausenden Brillen
bricht sich der treibenden Kräfte Blick
und will nicht ins Zugegen zurück:
Vor ihr ein tödlich‘ Drache
Steht sie, mit gezücktem Schwert,
zitternd Ritter zugekehrt,
zuletzt zur Heldin geehrt.
Und sie steht auf dem Surfbrett
das da tanzt auf den Wellen
um Felsen tückisch Stellen,
im Herzen Glücke quellen.
Ihre Gedanken fließen
Sie treiben einfach dahin
Phantasievoll erschließen,
die Geschichten genießen.
Entfalteten Bildes wundersam‘ Kraft,
wie jeder seine eigne Welt erschafft.
Denn Träume sind es,
die formen uns neu,
Sei bleiben bei uns
sind ruhlos und treu;
und sei dort ein Funken
in einem schlagend Herz
so folg ihm gespannt
er ist es so wert.
Und
Vergiss nicht zu zeigen
Was du hast verspüret
lass deinen Verstande verweilen
deine Gedanken sollen treiben!
Der Strom
Ich fühle mich so unwirklich. Unwirklich und leer, nicht existent. Das Leben, es rauscht an mir vorbei; mal wird das Rauschen lauter, mal leiser, doch niemals erfasst mich der Strom und reißt mich mit sich. Nein, niemals – wie sollte das auch geschehen? Ich schwebe... Schwebe über dem Boden, nein dem Strom. Ich schwebe.
Manchmal, ganz manchmal, gerate ich doch in den Strom hinein; meine Zehenspitzen, meine Füße, meine Knöchel werden umhüllt von der Kühle des Wassers; es ist angenehm... Der Strom ist nun gar kein Strom mehr, sondern ein Fluss, der ruhig und gleichmäßig daher plätschert und ich lasse mich eine Weile treiben. Er wird immer ruhiger und ruhiger, kleiner und kleiner bis er schließlich in einem Bach mündet. So stehe ich nun da – bin zum Stehen gekommen – mit beiden Füßen im flachen Flussbett. Ich betrachte die Dinge um mich herum, ich schaue sie mir an, diese, unsere Welt. Doch was ich sehe, das erschreckt mich. Es liegen Wiesen voller Blumen vor mir. Ich möchte näher herangehen und sie betrachten; da erst sehe ich, dass es gar keine Blumen sind, sondern hunderte bunter Bonbonpapiere. Ich laufe durch sie hindurch, will sie aufheben, doch es sind Berge. Berge über Berge von Müll. Ich nehme ein paar der Papiere auf, eine Scherbe war darunter, ich schneide mich. Ich laufe weiter, komme zu einem Weg. Ich laufe immer weiter und weiter, denke nicht darüber nach, wohin, bis ich zu einer Weggabelung komme, an der drei Mädchen stehen.
Sie scheinen sich gut zu verstehen, scheinen Spaß zu haben, lachen miteinander, alles scheint im Einklang zu sein und ich erfreue mich des Anblicks. Ich stehe einfach nur da und beobachte diese drei Mädchen, wie sie da beisammenstehen und sich allerlei zu erzählen haben. Nun verabschiedet sich das eine Mädchen, muss gehen, doch kaum hat es sich etwas entfernt, beginnen die beiden anderen Mädchen zu tuscheln und zu kichern und auf ihre Freundin zu zeigen. Ich verstehe das nicht, kann es nicht begreifen. Was hat sich da gerade ereignet, was ist da passiert? Ich möchte eingreifen, möchte etwas sagen, doch es kommt nichts. Ich stehe da, mit offenem Mund, versuche ihnen etwas zuzurufen, doch es gelingt mir nicht. Da spüre ich den Luftzug, erst sanft und dann immer stärker. Ein Sturm zieht auf, der Himmel verdunkelt sich, die ersten Regentropfen berühren meine Haut.
Plötzlich wird mir der Boden unter den Füßen weggerissen und ich werde vom Wind davongetragen. Wieder zurück... Zurück über den Weg, auf dem ich gekommen bin, zurück über die Bonbonpapierwiese bis hin zum Fluss, der nun wieder zum reißenden Strom geworden ist. Ich streife ihn noch einmal kurz mit dem Fuß, doch dann hebe ich endgültig ab und lasse die Welt mit all ihren Facetten hinter mir zurück. Ich steige immer höher. Höher und höher, bis alles ganz klein unter mir liegt. Und doch erkenne ich es noch gut genug, um sagen zu können, dass ich da nicht dabei sein möchte. Ich bin glücklich hier in meiner eigenen kleinen Welt, in meiner Luftblase, hier habe ich alles, was ich brauche. Hier bin ich glücklich. Glücklich und zufrieden...
Ich fühle mich so unwirklich. Unwirklich und leer, nicht existent. Das Leben, es rauscht an mir vorbei; mal wird das Rauschen lauter, mal leiser, doch niemals erfasst mich der Strom und reißt mich mit sich. Nein, niemals – wie sollte das auch geschehen? Ich schwebe... Schwebe über dem Boden, nein dem Strom. Ich schwebe.
Manchmal, ganz manchmal, gerate ich doch in den Strom hinein; meine Zehenspitzen, meine Füße, meine Knöchel werden umhüllt von der Kühle des Wassers; es ist angenehm... Der Strom ist nun gar kein Strom mehr, sondern ein Fluss, der ruhig und gleichmäßig daher plätschert und ich lasse mich eine Weile treiben. Er wird immer ruhiger und ruhiger, kleiner und kleiner bis er schließlich in einem Bach mündet. So stehe ich nun da – bin zum Stehen gekommen – mit beiden Füßen im flachen Flussbett. Ich betrachte die Dinge um mich herum, ich schaue sie mir an, diese, unsere Welt. Doch was ich sehe, das erschreckt mich. Es liegen Wiesen voller Blumen vor mir. Ich möchte näher herangehen und sie betrachten; da erst sehe ich, dass es gar keine Blumen sind, sondern hunderte bunter Bonbonpapiere. Ich laufe durch sie hindurch, will sie aufheben, doch es sind Berge. Berge über Berge von Müll. Ich nehme ein paar der Papiere auf, eine Scherbe war darunter, ich schneide mich. Ich laufe weiter, komme zu einem Weg. Ich laufe immer weiter und weiter, denke nicht darüber nach, wohin, bis ich zu einer Weggabelung komme, an der drei Mädchen stehen.
Sie scheinen sich gut zu verstehen, scheinen Spaß zu haben, lachen miteinander, alles scheint im Einklang zu sein und ich erfreue mich des Anblicks. Ich stehe einfach nur da und beobachte diese drei Mädchen, wie sie da beisammenstehen und sich allerlei zu erzählen haben. Nun verabschiedet sich das eine Mädchen, muss gehen, doch kaum hat es sich etwas entfernt, beginnen die beiden anderen Mädchen zu tuscheln und zu kichern und auf ihre Freundin zu zeigen. Ich verstehe das nicht, kann es nicht begreifen. Was hat sich da gerade ereignet, was ist da passiert? Ich möchte eingreifen, möchte etwas sagen, doch es kommt nichts. Ich stehe da, mit offenem Mund, versuche ihnen etwas zuzurufen, doch es gelingt mir nicht. Da spüre ich den Luftzug, erst sanft und dann immer stärker. Ein Sturm zieht auf, der Himmel verdunkelt sich, die ersten Regentropfen berühren meine Haut.
Plötzlich wird mir der Boden unter den Füßen weggerissen und ich werde vom Wind davongetragen. Wieder zurück... Zurück über den Weg, auf dem ich gekommen bin, zurück über die Bonbonpapierwiese bis hin zum Fluss, der nun wieder zum reißenden Strom geworden ist. Ich streife ihn noch einmal kurz mit dem Fuß, doch dann hebe ich endgültig ab und lasse die Welt mit all ihren Facetten hinter mir zurück. Ich steige immer höher. Höher und höher, bis alles ganz klein unter mir liegt. Und doch erkenne ich es noch gut genug, um sagen zu können, dass ich da nicht dabei sein möchte. Ich bin glücklich hier in meiner eigenen kleinen Welt, in meiner Luftblase, hier habe ich alles, was ich brauche. Hier bin ich glücklich. Glücklich und zufrieden...
Wir Menschen
Jede einzelne Person ist ein Wassertropfen. Wir verbinden uns miteinander und dehnen uns aus.
Wir bilden einen See und der Wind bläst, sodass wir zu einem Fluss werden. Die Sonne geht unter, der Mond geht auf. Es regnet, es schneit und die Blätter fallen. Wir lassen uns den Fluss hinunter, bis zum Wasserfall, treiben. Dort werden wir fallen. Um uns herum ist nichts.
Wir können nichts sehen, nichts hören, nichts mit der Hand oder mit dem Herzen fühlen. Unser Fall ereignet sich vor unserem Aufstieg. Ohne Schmerz, keine Erfüllung.
Das einzelne Leben erscheint so unbedeutend, weil die Gesamtheit aller gelebten Leben sich nicht in Worte fassen lässt. Die Gegenwärtige wird zum Vergangenen und das Zukünftige lässt Endgültigkeit nicht zu. Die Wolken ziehen vorbei, die Sonne scheint und die Blüten blühen.
Wir blicken zurück. Doch der Fluss fließt weiter; wir können ihn nicht aufhalten und wir würden ihn nicht aufhalten, selbst wenn wir könnten und dächten wir wollten.
Wir können uns treiben lassen und könnten den Moment einen Moment sein lassen.
Jede einzelne Person ist ein Wassertropfen. Wir verbinden uns miteinander und dehnen uns aus.
Wir bilden einen See und der Wind bläst, sodass wir zu einem Fluss werden. Die Sonne geht unter, der Mond geht auf. Es regnet, es schneit und die Blätter fallen. Wir lassen uns den Fluss hinunter, bis zum Wasserfall, treiben. Dort werden wir fallen. Um uns herum ist nichts.
Wir können nichts sehen, nichts hören, nichts mit der Hand oder mit dem Herzen fühlen. Unser Fall ereignet sich vor unserem Aufstieg. Ohne Schmerz, keine Erfüllung.
Das einzelne Leben erscheint so unbedeutend, weil die Gesamtheit aller gelebten Leben sich nicht in Worte fassen lässt. Die Gegenwärtige wird zum Vergangenen und das Zukünftige lässt Endgültigkeit nicht zu. Die Wolken ziehen vorbei, die Sonne scheint und die Blüten blühen.
Wir blicken zurück. Doch der Fluss fließt weiter; wir können ihn nicht aufhalten und wir würden ihn nicht aufhalten, selbst wenn wir könnten und dächten wir wollten.
Wir können uns treiben lassen und könnten den Moment einen Moment sein lassen.
Abfall
Von all den Besserverdienern, die ich in meiner beruflichen Laufbahn bei der Stadtreinigung bedienen durfte, ist mir einer ganz besonders im Gedächtnis geblieben. Vielleicht sollte ich mich erst einmal vorstellen. Oder etwa nicht? Interessiert Sie das Leben eines niederen Dienstleisters überhaupt? Ich schätze das kommt auf Ihre eigene Position in der Hackordnung an. Kein Problem, ich kenne das nicht anders. Meistens kommen mir die Hausbewohner eh nicht unter die Augen. Wir arbeiten ähnlich wie die Postboten oder Schornsteinfeger. Wir sind für viele Leute gar nicht da.
Ich wollte das eigentlich nie. Es gab nie eine bewusste Entscheidung. Ich hätte mit den richtigen Abzweigungen sicherlich auch einen Beruf erlangen können, der in zwanglosen Gesprächen an der Bushaltestelle beiläufig besser von den Lippen geht als „Müllmann“. Mit ein wenig Geduld kann man rückwärts in der Zeit gehen. Irgendwo stößt man auf den einen Moment, an dem ich eine Entscheidung getroffen habe, die sich mit allen darauf folgenden so verkettetet hat, dass ich bin was ich bin. Dass ich tue was ich tue. Zumal ich nie mit dem Bus fahre, die Leute ekeln sich vor meinem Geruch...
Man nennt mich Schulz. Das ist nicht mein richtiger Name. Meine Nachbarn in der Straße, die eben so früh wie ich zur Arbeit fahren, haben ihn mir gegeben. Verlassen sie ihr Haus, betrete ich es gerade. Dann plaudern wir kurz. Nach 11 Jahren fuhr ich dann plötzlich eine neue Route und niemand mehr nannte mich Schulz. In der Geschäftsführung der Stadtreinigung hatte sich einiges getan, Leute wurden entlassen und andere rückten nach, brachten Veränderung mit, aber das interessiert Sie sicherlich nicht oder? Wichtig für uns ist der junge Mann von dem ich erzählen will. Entlang der
Bezirksgrenze entstehen reichlich schicke Apartmentwohnungen. Leute, die in Berlin wohnen wollen ohne sich dabei wie in Berlin zu fühlen, passen dort perfekt hinein. Meine neue Route lag entlang dieser Grenze und ich habe wohl im Leben nie so teure Fracht geladen wie aus diesen Häusern. Pünktlich um halb jedenfalls 7 schob ich routiniert die ersten Tonnen zum Wagen. Da ging die Haustür auf und ein dürrer Bengel im Morgenmantel von nicht mehr als 25 Jahren rief mir über die Geräusche meines Wagens etwas zu. Er wollte wissen was ich denke dort bei ihm im Hof zu tun.
„Ich züchte Tauben, seh'n Se? Die gelbe Tonne is voll mit die Viecher. Die verkoof ich an Hochzeitspaare, Deckel uff und tschö.“ Ein bisschen musste ich grinsen aber ich hatte nichts gegen die Frage. Die hörte ich oft. Er sagte „Sie kommen ab sofort später. Ich bin vor einer Stunde aus Singapur
zurückgekommen. Ich muss schlafen!“
„So so“, sagte ich, „dann dreh ich einfach nochmal n Paar Ründchen um den Block? Steigen Se doch mit ein dann fahr ich Sie bis Sie eingeschlafen sind!“
Ohne Antwort kam er den Treppenabsatz hinunter und blieb knapp einen Kopf kleiner vor mir stehen. „Jetzt passen Sie mal auf. Sie machen sich nicht lustig über mich. Ich arbeite hart, das können Sie sich nicht vorstellen! Ich bin 16 Stunden geflogen, da kommen Sie hier nicht auf mein Grundstück und werden frech! Nehmen Sie die Scheiße jetzt mit und nächste Woche kommen Sie oder irgendjemand anders von Ihrer Bande gegen 9!“
Ich nahm seine Tonnen wortlos zum Wagen. Der kippte Sie hydraulisch aus und routiniert stellte ich sie ihm vor die Füße. Ich wünschte eine Gute Nacht, fuhr weiter.
Eine Woche später stand ich wieder auf seinem Hof, pünktlich um halb 7. Die Tür flog auf, ein zorniges Rumpelstielzchen fuchtelte mit seinem Telefon vor meinen Augen herum, drohte mir, diverse Anrufe zu tätigen und sich bei meinem Chef zu beschweren. Dass ich morgen auf dem Arbeitsamt sitzen würde und so weiter. Wollen Sie wissen, was ich gemacht habe? Ich habe zugepackt, den Kollegen im Moment der Überraschung in die schwarze Tonne gestopft zu seinen angebissenen Bioäpfeln, der regionalen Fleischwurst, den dekorativen Parfumflakons und den Grünteeresten. Ich
habe den Deckel zugehalten und bin zu meinem Wagen spaziert, die Ruhe selbst und habe meine Arbeit getan, wie immer. Ich mache, dass der Müll verschwindet. Häufte er sich an, würden Ihre Straßen nicht wieder zu erkennen sein. Denken Sie an den schönsten Ort den Sie kennen. Stellen Sie ihn sich vor mit Zigarettenfolie und Kaffeefiltern. Mit giftiger Chemie, mit unnatürlichem Schmutz. Für solche Dinge fahren Menschen wie ich zu Verbrennungsanlagen und entleeren unser Tagewerk. Das Feuer trennt die Verbindungen auf und durchleutet, welche Teile noch zu gebrauchen sind. Als ich an dem Tag zur Anlage fuhr, hatte ich wenig Hoffnung für unseren Freund. Das ganze Geld hat ihm nichts gebracht. Seine Arbeit war umsonst. Aber meine nicht...
Ich freue mich darauf, wieder los zu fahren. Pünktlich um halb 7. Es braucht nur ein paar Jahre.
Von all den Besserverdienern, die ich in meiner beruflichen Laufbahn bei der Stadtreinigung bedienen durfte, ist mir einer ganz besonders im Gedächtnis geblieben. Vielleicht sollte ich mich erst einmal vorstellen. Oder etwa nicht? Interessiert Sie das Leben eines niederen Dienstleisters überhaupt? Ich schätze das kommt auf Ihre eigene Position in der Hackordnung an. Kein Problem, ich kenne das nicht anders. Meistens kommen mir die Hausbewohner eh nicht unter die Augen. Wir arbeiten ähnlich wie die Postboten oder Schornsteinfeger. Wir sind für viele Leute gar nicht da.
Ich wollte das eigentlich nie. Es gab nie eine bewusste Entscheidung. Ich hätte mit den richtigen Abzweigungen sicherlich auch einen Beruf erlangen können, der in zwanglosen Gesprächen an der Bushaltestelle beiläufig besser von den Lippen geht als „Müllmann“. Mit ein wenig Geduld kann man rückwärts in der Zeit gehen. Irgendwo stößt man auf den einen Moment, an dem ich eine Entscheidung getroffen habe, die sich mit allen darauf folgenden so verkettetet hat, dass ich bin was ich bin. Dass ich tue was ich tue. Zumal ich nie mit dem Bus fahre, die Leute ekeln sich vor meinem Geruch...
Man nennt mich Schulz. Das ist nicht mein richtiger Name. Meine Nachbarn in der Straße, die eben so früh wie ich zur Arbeit fahren, haben ihn mir gegeben. Verlassen sie ihr Haus, betrete ich es gerade. Dann plaudern wir kurz. Nach 11 Jahren fuhr ich dann plötzlich eine neue Route und niemand mehr nannte mich Schulz. In der Geschäftsführung der Stadtreinigung hatte sich einiges getan, Leute wurden entlassen und andere rückten nach, brachten Veränderung mit, aber das interessiert Sie sicherlich nicht oder? Wichtig für uns ist der junge Mann von dem ich erzählen will. Entlang der
Bezirksgrenze entstehen reichlich schicke Apartmentwohnungen. Leute, die in Berlin wohnen wollen ohne sich dabei wie in Berlin zu fühlen, passen dort perfekt hinein. Meine neue Route lag entlang dieser Grenze und ich habe wohl im Leben nie so teure Fracht geladen wie aus diesen Häusern. Pünktlich um halb jedenfalls 7 schob ich routiniert die ersten Tonnen zum Wagen. Da ging die Haustür auf und ein dürrer Bengel im Morgenmantel von nicht mehr als 25 Jahren rief mir über die Geräusche meines Wagens etwas zu. Er wollte wissen was ich denke dort bei ihm im Hof zu tun.
„Ich züchte Tauben, seh'n Se? Die gelbe Tonne is voll mit die Viecher. Die verkoof ich an Hochzeitspaare, Deckel uff und tschö.“ Ein bisschen musste ich grinsen aber ich hatte nichts gegen die Frage. Die hörte ich oft. Er sagte „Sie kommen ab sofort später. Ich bin vor einer Stunde aus Singapur
zurückgekommen. Ich muss schlafen!“
„So so“, sagte ich, „dann dreh ich einfach nochmal n Paar Ründchen um den Block? Steigen Se doch mit ein dann fahr ich Sie bis Sie eingeschlafen sind!“
Ohne Antwort kam er den Treppenabsatz hinunter und blieb knapp einen Kopf kleiner vor mir stehen. „Jetzt passen Sie mal auf. Sie machen sich nicht lustig über mich. Ich arbeite hart, das können Sie sich nicht vorstellen! Ich bin 16 Stunden geflogen, da kommen Sie hier nicht auf mein Grundstück und werden frech! Nehmen Sie die Scheiße jetzt mit und nächste Woche kommen Sie oder irgendjemand anders von Ihrer Bande gegen 9!“
Ich nahm seine Tonnen wortlos zum Wagen. Der kippte Sie hydraulisch aus und routiniert stellte ich sie ihm vor die Füße. Ich wünschte eine Gute Nacht, fuhr weiter.
Eine Woche später stand ich wieder auf seinem Hof, pünktlich um halb 7. Die Tür flog auf, ein zorniges Rumpelstielzchen fuchtelte mit seinem Telefon vor meinen Augen herum, drohte mir, diverse Anrufe zu tätigen und sich bei meinem Chef zu beschweren. Dass ich morgen auf dem Arbeitsamt sitzen würde und so weiter. Wollen Sie wissen, was ich gemacht habe? Ich habe zugepackt, den Kollegen im Moment der Überraschung in die schwarze Tonne gestopft zu seinen angebissenen Bioäpfeln, der regionalen Fleischwurst, den dekorativen Parfumflakons und den Grünteeresten. Ich
habe den Deckel zugehalten und bin zu meinem Wagen spaziert, die Ruhe selbst und habe meine Arbeit getan, wie immer. Ich mache, dass der Müll verschwindet. Häufte er sich an, würden Ihre Straßen nicht wieder zu erkennen sein. Denken Sie an den schönsten Ort den Sie kennen. Stellen Sie ihn sich vor mit Zigarettenfolie und Kaffeefiltern. Mit giftiger Chemie, mit unnatürlichem Schmutz. Für solche Dinge fahren Menschen wie ich zu Verbrennungsanlagen und entleeren unser Tagewerk. Das Feuer trennt die Verbindungen auf und durchleutet, welche Teile noch zu gebrauchen sind. Als ich an dem Tag zur Anlage fuhr, hatte ich wenig Hoffnung für unseren Freund. Das ganze Geld hat ihm nichts gebracht. Seine Arbeit war umsonst. Aber meine nicht...
Ich freue mich darauf, wieder los zu fahren. Pünktlich um halb 7. Es braucht nur ein paar Jahre.
Treiben, trieb, getrieben – oder warum man seiner Angst ein Eis ausgeben sollte
„Von Angst getrieben“- warum heißt das eigentlich so? Wahrscheinlich, weil es die ursprüngliche Funktion von Angst war, ein Lebewesen von Gefahr weg und in ein sicheres Versteck zu treiben. Was aber, wenn Angst selbst zur Gefahr wird? Wenn sie sich verselbstständigt? Wenn sie mehr macht, als sie sollte?
Dann treibt sie höchstens in die Einsamkeit. Und nicht nur das. Sie lähmt. Sie lähmt in der Bewegung, in der Entwicklung, im Konflikt, im Ausdruck. Sie lähmt die Persönlichkeit, die man sein könnte. Diese Angst plant alles, überlässt nichts dem Zufall. Sie hält die Zügel in der Hand und zieht sie umso fester, je mehr man sich dagegen wehrt.
Angst treibt. Manchmal bis zur Erschöpfung. Angst als eigentliche Gefahr ist unüberwindbar, solange man gegen sie kämpft. Denn sie will wahrgenommen werden. Sie will, dass man ihr zuhört. Sie will da sein, egal ob man damit einverstanden ist oder nicht. Eigentlich ist es wie mit dem klassischen Fall eines quengelnden Kindes, das sich schreiend und um sich schlagend auf den Boden wirft, weil es ein elementares Bedürfnis hat: Wahrgenommen zu werden.
Auch Angst kann schreien und um sich schlagen. So lange, bis man schließlich zu erschöpft ist, um weiter gegen sie anzukämpfen. Und dann lässt man es sein. Man lässt sie sein. Denn auch sie hat eine Funktion. Und die kann man nicht verstehen, solange man ihr nur mit Ablehnung und Verachtung begegnet. Sie muss sich willkommen fühlen. Also geht man mit ihr ein Eis essen und bekommt dafür etwas geschenkt, was kein Kampf hätte erzwingen können: Das Gefühl, einmal nicht von Angst getrieben zu sein, sondern sich gemeinsam mit ihr treiben zu lassen – egal, in welche Richtung.
„Von Angst getrieben“- warum heißt das eigentlich so? Wahrscheinlich, weil es die ursprüngliche Funktion von Angst war, ein Lebewesen von Gefahr weg und in ein sicheres Versteck zu treiben. Was aber, wenn Angst selbst zur Gefahr wird? Wenn sie sich verselbstständigt? Wenn sie mehr macht, als sie sollte?
Dann treibt sie höchstens in die Einsamkeit. Und nicht nur das. Sie lähmt. Sie lähmt in der Bewegung, in der Entwicklung, im Konflikt, im Ausdruck. Sie lähmt die Persönlichkeit, die man sein könnte. Diese Angst plant alles, überlässt nichts dem Zufall. Sie hält die Zügel in der Hand und zieht sie umso fester, je mehr man sich dagegen wehrt.
Angst treibt. Manchmal bis zur Erschöpfung. Angst als eigentliche Gefahr ist unüberwindbar, solange man gegen sie kämpft. Denn sie will wahrgenommen werden. Sie will, dass man ihr zuhört. Sie will da sein, egal ob man damit einverstanden ist oder nicht. Eigentlich ist es wie mit dem klassischen Fall eines quengelnden Kindes, das sich schreiend und um sich schlagend auf den Boden wirft, weil es ein elementares Bedürfnis hat: Wahrgenommen zu werden.
Auch Angst kann schreien und um sich schlagen. So lange, bis man schließlich zu erschöpft ist, um weiter gegen sie anzukämpfen. Und dann lässt man es sein. Man lässt sie sein. Denn auch sie hat eine Funktion. Und die kann man nicht verstehen, solange man ihr nur mit Ablehnung und Verachtung begegnet. Sie muss sich willkommen fühlen. Also geht man mit ihr ein Eis essen und bekommt dafür etwas geschenkt, was kein Kampf hätte erzwingen können: Das Gefühl, einmal nicht von Angst getrieben zu sein, sondern sich gemeinsam mit ihr treiben zu lassen – egal, in welche Richtung.
Treiben lassen
Nebelweißer Morgenschleier,
taubedeckt er jeden Halm.
Gütlich tut ein Seidenreiher
sich am frisch geschöpften Salm.
Imposante Weidenbäume.
Ruhig tanzt der klare Bach.
Dämmerlicht der Tagesträume
hellt die Landschaft zart und schwach.
Lieblichsüße Blütendüfte,
dringen sich durch jene Pracht
Blätter schweben durch die Lüfte
auf und ab wiegen sie sacht.
Fahlgegrautes Paradies,
Im Sonnenlicht scheint es zu blassen.
Ein Andenken es hinterließ.
Im Augenblick sich treiben lassen.
Nebelweißer Morgenschleier,
taubedeckt er jeden Halm.
Gütlich tut ein Seidenreiher
sich am frisch geschöpften Salm.
Imposante Weidenbäume.
Ruhig tanzt der klare Bach.
Dämmerlicht der Tagesträume
hellt die Landschaft zart und schwach.
Lieblichsüße Blütendüfte,
dringen sich durch jene Pracht
Blätter schweben durch die Lüfte
auf und ab wiegen sie sacht.
Fahlgegrautes Paradies,
Im Sonnenlicht scheint es zu blassen.
Ein Andenken es hinterließ.
Im Augenblick sich treiben lassen.
Agieren oder Reagieren?
Mir wird oft gesagt, dass ich zu viel nachdenke. Über so ziemlich alles. Vor allem über Dinge, die aktuell noch kein Problem darstellen aber potenziell zu einem werden könnten. Oder aber über Dinge, auf die ich keinen Einfluss habe. Außerdem kann ich vor meinem inneren Auge hervorragend Situationen abspielen lassen, die (noch) gar nicht eingetreten sind, sich aber unter Umständen, möglicherweise, vielleicht, eventuell so abspielen könnten. Also, rein hypothetisch. Kann ja sein. Ich will lieber gar nicht wissen, wie viel Lebenszeit ich damit zugebracht habe, mir die Konsequenzen meiner Handlungen vorab auszumalen oder jedes Wort und jede Geste meiner Mitmenschen in Grund und Boden zu analysieren. Wie viel Lebenszeit ich im Bett liegend darauf verwendet habe, mich selbst in einer Marinade aus Selbstzweifeln und ziellosen Gedankenkarusells mürbe werden zu lassen. Sicher habe ich damit noch mehr Zeit zugebracht, als mit "The Elder Scrolls V: Skyrim". Das wären laut meinem Steam-Account etwa 850 Stunden. Wow. Das sind ungefähr 35 Tage, also über ein Monat, den ich mit nur einem Videospiel verbracht habe. Davon ausgehend, dass ich in diese Sache mit der Gedankenmarinade vielleicht (mindestens) schon die vierfache Zeit investiert habe ... 3400 Stunden, circa 140 Tage. Also fast fünf Monate meines Lebens, die ich mit mehr oder weniger fruchtlosem Grübeln verbracht habe. Wenn man die kalten nackten Zahlen sieht, stellt man sich schon die Frage: „War es das wert?“. Ich meine, in fünf Monaten hätte ich meinen Schreibstil möglicherweise auf ein ganz neues Level heben, zumindest die Basics eines Instruments lernen, mehr zeichnen, wohltätige Arbeit leisten oder endlich mal alle schwarzen Bestia bei Final Fantasy X besiegen können (Ehrlich, das Spiel habe ich seit 2002. Es wird langsam Zeit).
Ich bin mit absoluter Sicherheit nicht der Einzige, der dieses Verhalten an den Tag legt. In meinem näheren Umfeld gibt es jedoch Menschen, die sich überhaupt nicht mit dem ganzen Zeug auseinandersetzen, das mir so durch den Kopf geht. Menschen, die mich nun schon des Öfteren darauf hingewiesen haben, dass ich Dinge zerdenke und teilweise wichtig nehme, obwohl ihre Relevanz bisweilen doch ziemlich fraglich ist.
In letzter Zeit stelle ich auch vermehrt fest, dass mir die Wahrnehmung meiner Person in den Augen anderer wichtig ist. „Warum guckt der Typ mich so komisch an? Bin ich so verdammt hässlich, dass man mich anstarren muss?“ - „Fällt irgendwem auf, dass ich heute ausnahmsweise mal nicht schwarz trage?“ - „Warum hat sie so abfällig gegrinst, als sie mich einen Nerd genannt hat?“ - „Gehe ich meinen Freunden auf die Nerven? Rede ich zu viel? Oder zu wenig?“ - „Niemand hat über meinen Witz gelacht und jetzt herrscht betretene Stille. Kann sich bitte sofort die Erde auftun und meinen unlustigen Kadaver verschlingen?“ Warum? Warum tue ich das? Das war in diesem Maße das letzte Mal in meiner frühen Pubertät so. Irgendwie war ich der irrigen Hoffnung erlegen, dass man diese Kacke mit dem Eintreten in die Zwanziger überwunden hätte. Ist das etwas, das zwischen der Quarterlife-Crisis und der Midlife-Crisis wieder ausbricht? Und während ich schreibe, mache ich schon wieder eine Gedankenkette darüber auf, ob meine Gedanken normal sind. Hallo, mein Name ist Dennis und ich bin ein zwanghafter Zerdenker.
Ich bewundere Menschen, die das Leben einfach auf sich zukommen lassen können. So ganz ohne sich zu sorgen, ohne sich in Existenzängsten zu ergehen, ohne jedes mögliche Szenario vorher durchzuspielen oder ohne vor jeder Entscheidung im Kopf Pro- und Kontralisten aufzustellen.
Andererseits glaube ich, dass man, wenn man sich immer nur treiben lässt, eben nur auf Gelegenheiten und Situationen reagieren kann. So nimmt man gewissermaßen eine passive Haltung ein und muss sich mit dem begnügen, was einem mehr oder weniger zufällig über den Weg läuft. Das Marinieren meines Gehirns sorgt hingegen dafür, dass ich mich auf das Agieren vorbereiten und mein Leben aktiver beeinflussen kann – zumindest ist das mein Eindruck. Wenn etwas schief geht, weil ich die Initiative ergriffen habe und sich eine Situation nicht optimal entwickelt, ist das dann nicht mehr so dramatisch. Schließlich habe ich diesen Fehlschlag in meinem Kopf schon durchexerziert und bin deshalb nicht so getroffen und kann entsprechend damit umgehen.
Dennoch würde es mir gut tun, wenn sich zwischen all diese viel zu tiefgehenden Gedankenspiele gelegentlich ein „Scheiß drauf!“ schleichen würde.
Ergibt das Sinn? Keine Ahnung. Aber ein kleiner tröstender Aufruf an alle Zerdenker_innen da draußen: Ihr seid nicht allein. Und ihr seid nicht verrückt. Naja, vielleicht ein bisschen. Scheiß drauf!
Mir wird oft gesagt, dass ich zu viel nachdenke. Über so ziemlich alles. Vor allem über Dinge, die aktuell noch kein Problem darstellen aber potenziell zu einem werden könnten. Oder aber über Dinge, auf die ich keinen Einfluss habe. Außerdem kann ich vor meinem inneren Auge hervorragend Situationen abspielen lassen, die (noch) gar nicht eingetreten sind, sich aber unter Umständen, möglicherweise, vielleicht, eventuell so abspielen könnten. Also, rein hypothetisch. Kann ja sein. Ich will lieber gar nicht wissen, wie viel Lebenszeit ich damit zugebracht habe, mir die Konsequenzen meiner Handlungen vorab auszumalen oder jedes Wort und jede Geste meiner Mitmenschen in Grund und Boden zu analysieren. Wie viel Lebenszeit ich im Bett liegend darauf verwendet habe, mich selbst in einer Marinade aus Selbstzweifeln und ziellosen Gedankenkarusells mürbe werden zu lassen. Sicher habe ich damit noch mehr Zeit zugebracht, als mit "The Elder Scrolls V: Skyrim". Das wären laut meinem Steam-Account etwa 850 Stunden. Wow. Das sind ungefähr 35 Tage, also über ein Monat, den ich mit nur einem Videospiel verbracht habe. Davon ausgehend, dass ich in diese Sache mit der Gedankenmarinade vielleicht (mindestens) schon die vierfache Zeit investiert habe ... 3400 Stunden, circa 140 Tage. Also fast fünf Monate meines Lebens, die ich mit mehr oder weniger fruchtlosem Grübeln verbracht habe. Wenn man die kalten nackten Zahlen sieht, stellt man sich schon die Frage: „War es das wert?“. Ich meine, in fünf Monaten hätte ich meinen Schreibstil möglicherweise auf ein ganz neues Level heben, zumindest die Basics eines Instruments lernen, mehr zeichnen, wohltätige Arbeit leisten oder endlich mal alle schwarzen Bestia bei Final Fantasy X besiegen können (Ehrlich, das Spiel habe ich seit 2002. Es wird langsam Zeit).
Ich bin mit absoluter Sicherheit nicht der Einzige, der dieses Verhalten an den Tag legt. In meinem näheren Umfeld gibt es jedoch Menschen, die sich überhaupt nicht mit dem ganzen Zeug auseinandersetzen, das mir so durch den Kopf geht. Menschen, die mich nun schon des Öfteren darauf hingewiesen haben, dass ich Dinge zerdenke und teilweise wichtig nehme, obwohl ihre Relevanz bisweilen doch ziemlich fraglich ist.
In letzter Zeit stelle ich auch vermehrt fest, dass mir die Wahrnehmung meiner Person in den Augen anderer wichtig ist. „Warum guckt der Typ mich so komisch an? Bin ich so verdammt hässlich, dass man mich anstarren muss?“ - „Fällt irgendwem auf, dass ich heute ausnahmsweise mal nicht schwarz trage?“ - „Warum hat sie so abfällig gegrinst, als sie mich einen Nerd genannt hat?“ - „Gehe ich meinen Freunden auf die Nerven? Rede ich zu viel? Oder zu wenig?“ - „Niemand hat über meinen Witz gelacht und jetzt herrscht betretene Stille. Kann sich bitte sofort die Erde auftun und meinen unlustigen Kadaver verschlingen?“ Warum? Warum tue ich das? Das war in diesem Maße das letzte Mal in meiner frühen Pubertät so. Irgendwie war ich der irrigen Hoffnung erlegen, dass man diese Kacke mit dem Eintreten in die Zwanziger überwunden hätte. Ist das etwas, das zwischen der Quarterlife-Crisis und der Midlife-Crisis wieder ausbricht? Und während ich schreibe, mache ich schon wieder eine Gedankenkette darüber auf, ob meine Gedanken normal sind. Hallo, mein Name ist Dennis und ich bin ein zwanghafter Zerdenker.
Ich bewundere Menschen, die das Leben einfach auf sich zukommen lassen können. So ganz ohne sich zu sorgen, ohne sich in Existenzängsten zu ergehen, ohne jedes mögliche Szenario vorher durchzuspielen oder ohne vor jeder Entscheidung im Kopf Pro- und Kontralisten aufzustellen.
Andererseits glaube ich, dass man, wenn man sich immer nur treiben lässt, eben nur auf Gelegenheiten und Situationen reagieren kann. So nimmt man gewissermaßen eine passive Haltung ein und muss sich mit dem begnügen, was einem mehr oder weniger zufällig über den Weg läuft. Das Marinieren meines Gehirns sorgt hingegen dafür, dass ich mich auf das Agieren vorbereiten und mein Leben aktiver beeinflussen kann – zumindest ist das mein Eindruck. Wenn etwas schief geht, weil ich die Initiative ergriffen habe und sich eine Situation nicht optimal entwickelt, ist das dann nicht mehr so dramatisch. Schließlich habe ich diesen Fehlschlag in meinem Kopf schon durchexerziert und bin deshalb nicht so getroffen und kann entsprechend damit umgehen.
Dennoch würde es mir gut tun, wenn sich zwischen all diese viel zu tiefgehenden Gedankenspiele gelegentlich ein „Scheiß drauf!“ schleichen würde.
Ergibt das Sinn? Keine Ahnung. Aber ein kleiner tröstender Aufruf an alle Zerdenker_innen da draußen: Ihr seid nicht allein. Und ihr seid nicht verrückt. Naja, vielleicht ein bisschen. Scheiß drauf!
DRIFTEN.
So nah am Wasser gebaut,
aber wir bleiben trocken.
Was soll schon passieren
auf einem Feld, wo nichts wächst.
Da können wir driften.
Eine Staubwolke,
viel Wirbel um nichts.
Wir drehen uns im Kreis
auf einem Feld, wo nichts wächst.
Staub versperrt uns die Sicht.
Lieber fahren wir zurück.
Was bleibt sind Spuren
auf einem Feld, wo nichts wächst.
So nah am Wasser gebaut,
aber wir bleiben trocken.
Was soll schon passieren
auf einem Feld, wo nichts wächst.
Da können wir driften.
Eine Staubwolke,
viel Wirbel um nichts.
Wir drehen uns im Kreis
auf einem Feld, wo nichts wächst.
Staub versperrt uns die Sicht.
Lieber fahren wir zurück.
Was bleibt sind Spuren
auf einem Feld, wo nichts wächst.
Traumwanderung
Vom Mond lass ich die Haut mir bleichen
in meinem Kopf ist nur noch Platz für Sterne
Alle Gedanken müssen weichen
Mein Geist tritt aus mir aus,
fliegt fort
in weite Ferne
Ich träum vom Ozean
der glitzernd schwarzen, zahmen See
und wie ich wohlgemutes
mit luft'gem Schritt
am Strand spazieren geh
Ich sitz mit leicht benätztem Fuße
wohl viele Stunden dort am Ufer
Betracht' das Meer mit seinen tausend Augen
und suche sie zu zählen
die wellenatmend doppelt schöne Pracht
Den Schönsten suche mir heut zu wählen
Bin sehr allein, doch gar nicht einsam
Nur Luna strahlend über meine Seele wacht
Tief in Gedanken bin ich über heut und morgen
und als die Sonne aus dem tiefen Blau sich frühs erhebt
reiß ich mich unwillig aus meinem Traume
mich drüber freuend, was des nachts ich so erlebt
Ich werde diese nimmer mehr vergessen
Schon beim Erwachen fehlt sie mir so sehr
Doch wer kann wissen, ob ich nicht die Tage träume
und wirklich leb ich nachts am Meer
Vom Mond lass ich die Haut mir bleichen
in meinem Kopf ist nur noch Platz für Sterne
Alle Gedanken müssen weichen
Mein Geist tritt aus mir aus,
fliegt fort
in weite Ferne
Ich träum vom Ozean
der glitzernd schwarzen, zahmen See
und wie ich wohlgemutes
mit luft'gem Schritt
am Strand spazieren geh
Ich sitz mit leicht benätztem Fuße
wohl viele Stunden dort am Ufer
Betracht' das Meer mit seinen tausend Augen
und suche sie zu zählen
die wellenatmend doppelt schöne Pracht
Den Schönsten suche mir heut zu wählen
Bin sehr allein, doch gar nicht einsam
Nur Luna strahlend über meine Seele wacht
Tief in Gedanken bin ich über heut und morgen
und als die Sonne aus dem tiefen Blau sich frühs erhebt
reiß ich mich unwillig aus meinem Traume
mich drüber freuend, was des nachts ich so erlebt
Ich werde diese nimmer mehr vergessen
Schon beim Erwachen fehlt sie mir so sehr
Doch wer kann wissen, ob ich nicht die Tage träume
und wirklich leb ich nachts am Meer