zu Beginn des Jahres setzen wir uns in dieser Ausgabe mit den Begriffen Scheitern und Suche auseinander. Viele sehen in einem neuen Jahr eine Gelegenheit. Eine gelegenheit, sich neu zu erfinden, oder nach einem sinn zu suchen. eine gelegenheit, ihr leben mit "Guten Vorsätzen" in die Hand zu nehmen - Ambitionen die nicht selten schon nach vierzehn tagen scheitern. Doch auch zu anderen Zeiten im Jahr sind Scheitern und Suche oft durchaus präsente begleiter. Unsere Autor*innen stellen in dieser Ausgabe ihre Perspektiven auf das Scheitern und Suchen in großer diversität dar. Dieses mal gibt es auch eine kleine Gedichtsammlung in unserer Ausgabe, Verfasst von unserer neuen Autorin Hatice Acikgoez. Viel Freude beim Lesen!
Schlaflos in der Uni
Oft schon fürchtete ich die Konsequenzen meines potentiellen Scheiterns; das, was nach dem Versagen kommt. Doch nun drängt sich die Erkenntnis auf, dass die Aussicht auf Erfolg so manches Mal das größere Schreckgespenst zu sein vermag.
Oft schon fürchtete ich die Konsequenzen meines potentiellen Scheiterns; das, was nach dem Versagen kommt. Doch nun drängt sich die Erkenntnis auf, dass die Aussicht auf Erfolg so manches Mal das größere Schreckgespenst zu sein vermag.
Ein Aussteiger
Schlank und schattig wandert er zwischen den Bänken
Wie hätten sie dir deine Ohren genommen?
Der Kopf bleibt schwer und zittrig gesenkt
Niemand wollte von dir, dass du stehst.
(Die teuren Wirbel hissen deine Linie)
Die Augen sind sonnenscheu gemacht
nur gut für das Fell auf Schienen, für die Striemen aus Bruderfarbe.
Lebzeit gebunden an Zweck entlädt sich
so langsam wie du es gern möchtest.
Schlank und schattig wandert er zwischen den Bänken
Wie hätten sie dir deine Ohren genommen?
Der Kopf bleibt schwer und zittrig gesenkt
Niemand wollte von dir, dass du stehst.
(Die teuren Wirbel hissen deine Linie)
Die Augen sind sonnenscheu gemacht
nur gut für das Fell auf Schienen, für die Striemen aus Bruderfarbe.
Lebzeit gebunden an Zweck entlädt sich
so langsam wie du es gern möchtest.
Wenn der Euphemismus nicht aufhören kann zu marginalisieren, zu dramatisieren jedoch die Hyperbel nicht, wie könnten sie dann jemals voneinander lernen?
August Finkstein
August Finkstein betrat die Wohnung, in der er seit über dreißig Jahren zusammen mit seiner Frau Lieselotte lebte.
Herr und Frau Finkstein waren beide Künstler, doch es gab etwas, das die beiden grundsätzlich voneinander unterschied: August hatte Erfolg und seine Frau nicht.
Lieselotte malte. Doch immer wieder probierte sie etwas Neues aus. Mal machte sie Skulpturen, dann schrieb sie und ein anderes Mal versuchte sie sich im Yoga. Sie änderte oft ihre Ernährung von vegetarisch zu pescetarisch oder zu vegan .
Im Flur sah August Finkstein eine Reisetasche, die bevor er gegangen war noch nicht da war.
Aus der Küche hörte er das Geräusch von kochendem Wasser und roch den Duft von Salbei.
Er ging zur offenstehenden Küchentür und sah seine Frau Lieselotte am Herd stehen. Sie sah ihn an und lächelte. Frau Finkstein hatte ein wundervolles Lächeln. Es schien, als könnte nichts ihre gute Stimmung trüben.
Herr Finkstein ging in sein Büro. Es war ein Raum, in dem er seine Ruhe hatte und völlig ungestört schreiben konnte. Von seinem Arbeitsplatz aus konnte er auf den Garten blicken.
Stefan saß am Schreibtisch seines Vaters und las ein Manuskript. Herr Finkstein mochte es nicht, wenn man seinen Raum ungefragt betrat. Aber es gefiel ihm, dass sein Sohn sich für seine Werke interessierte.
Einige Zeit blieb August ruhig im Türrahmen stehen, bevor er sich räusperte. Stefan drehte sich um und hatte kurzzeitig einen ertappten Gesichtsausdruck, dann lachte er. Das freundliche Lachen hatte er von seiner Mutter.
Abends saßen die Finksteins am Esstisch und aßen Lieselottes Kartoffelsuppe nach ihrem eigenen Rezept.
„Ich finde es toll, dass du uns mal wieder besuchst“, sagte August. „Erzähl doch mal, wie es mit der Klatschzeitung läuft.“
„Läuft gut. Bin ganz zufrieden“, sagte Stefan.
„Immer noch nicht vor etwas mit mehr Tragweite und mehr Persönlichkeit zu machen?“, fragte sein Vater.
„Nö. Mir gefällt mein Job ganz gut.“
Stefan war es gewohnt, von seinem Vater aufgrund seiner Stelle als Redakteur bei einer Boulevardzeitung aufgezogen zu werden.
„Findest du es nicht etwas bedenklich, was deine Zeitung so verbreitet?“, sagte August.
„Sind doch nur harmlose Stories über Promis“, sagte Stefan achtlos.
„Durch solche Zeitschriften werden Lügen über Menschen verbreitet. Das kannst du doch nicht für gut halten. Diese Zeitungen haben einen größeren Einfluss als man meinen könnte; vor allem in unteren sozialen Schichten“, sagte August.
Lieselotte warf ihrem Ehemann einen tadelnden Blick zu.
„Es ist nur eine Frauenzeitschrift … “, sagte Stefan.
„Die Leute sollten lieber anständige Sachen lesen, als so einen weichgespülten Müll.“
“Ich denke Stefan sollte das tun was ihn glücklich macht. Er musste sich den Platz als Redakteur schließlich hart erkämpfen“, entgegnete Lieselotte mit ihrem reizenden Lächeln.
„Also genug davon. Lasst uns über etwas anderes reden“, sagte Stefan, „Ich würde euch morgen gerne in ein nettes Restaurant ausführen.“
„Ach, das brauchst du doch nicht“, sagte Lieselotte im mütterlichen Ton.
„Ich weiß, dass ich das nicht tun muss,“, Stefan lächelte, „trotzdem würde ich gerne. Morgen Abend. Ich habe schon reserviert.“
„Du bist so gut zu uns,“strahlte seine Mutter und blickte ihn neugierig an: „Gibt es einen Anlass für diese Ehre?“
Stefan nippte an seinem Weinglas und setzte es ab: „Ja, den gibt es.“
Herr Finkstein studierte die Weinflasche.
Stefan rückte sein Weinglas zurecht. „Ich möchte euch meine Verlobte vorstellen.“
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August Finkstein betrat die Wohnung, in der er seit über dreißig Jahren zusammen mit seiner Frau Lieselotte lebte.
Herr und Frau Finkstein waren beide Künstler, doch es gab etwas, das die beiden grundsätzlich voneinander unterschied: August hatte Erfolg und seine Frau nicht.
Lieselotte malte. Doch immer wieder probierte sie etwas Neues aus. Mal machte sie Skulpturen, dann schrieb sie und ein anderes Mal versuchte sie sich im Yoga. Sie änderte oft ihre Ernährung von vegetarisch zu pescetarisch oder zu vegan .
Im Flur sah August Finkstein eine Reisetasche, die bevor er gegangen war noch nicht da war.
Aus der Küche hörte er das Geräusch von kochendem Wasser und roch den Duft von Salbei.
Er ging zur offenstehenden Küchentür und sah seine Frau Lieselotte am Herd stehen. Sie sah ihn an und lächelte. Frau Finkstein hatte ein wundervolles Lächeln. Es schien, als könnte nichts ihre gute Stimmung trüben.
Herr Finkstein ging in sein Büro. Es war ein Raum, in dem er seine Ruhe hatte und völlig ungestört schreiben konnte. Von seinem Arbeitsplatz aus konnte er auf den Garten blicken.
Stefan saß am Schreibtisch seines Vaters und las ein Manuskript. Herr Finkstein mochte es nicht, wenn man seinen Raum ungefragt betrat. Aber es gefiel ihm, dass sein Sohn sich für seine Werke interessierte.
Einige Zeit blieb August ruhig im Türrahmen stehen, bevor er sich räusperte. Stefan drehte sich um und hatte kurzzeitig einen ertappten Gesichtsausdruck, dann lachte er. Das freundliche Lachen hatte er von seiner Mutter.
Abends saßen die Finksteins am Esstisch und aßen Lieselottes Kartoffelsuppe nach ihrem eigenen Rezept.
„Ich finde es toll, dass du uns mal wieder besuchst“, sagte August. „Erzähl doch mal, wie es mit der Klatschzeitung läuft.“
„Läuft gut. Bin ganz zufrieden“, sagte Stefan.
„Immer noch nicht vor etwas mit mehr Tragweite und mehr Persönlichkeit zu machen?“, fragte sein Vater.
„Nö. Mir gefällt mein Job ganz gut.“
Stefan war es gewohnt, von seinem Vater aufgrund seiner Stelle als Redakteur bei einer Boulevardzeitung aufgezogen zu werden.
„Findest du es nicht etwas bedenklich, was deine Zeitung so verbreitet?“, sagte August.
„Sind doch nur harmlose Stories über Promis“, sagte Stefan achtlos.
„Durch solche Zeitschriften werden Lügen über Menschen verbreitet. Das kannst du doch nicht für gut halten. Diese Zeitungen haben einen größeren Einfluss als man meinen könnte; vor allem in unteren sozialen Schichten“, sagte August.
Lieselotte warf ihrem Ehemann einen tadelnden Blick zu.
„Es ist nur eine Frauenzeitschrift … “, sagte Stefan.
„Die Leute sollten lieber anständige Sachen lesen, als so einen weichgespülten Müll.“
“Ich denke Stefan sollte das tun was ihn glücklich macht. Er musste sich den Platz als Redakteur schließlich hart erkämpfen“, entgegnete Lieselotte mit ihrem reizenden Lächeln.
„Also genug davon. Lasst uns über etwas anderes reden“, sagte Stefan, „Ich würde euch morgen gerne in ein nettes Restaurant ausführen.“
„Ach, das brauchst du doch nicht“, sagte Lieselotte im mütterlichen Ton.
„Ich weiß, dass ich das nicht tun muss,“, Stefan lächelte, „trotzdem würde ich gerne. Morgen Abend. Ich habe schon reserviert.“
„Du bist so gut zu uns,“strahlte seine Mutter und blickte ihn neugierig an: „Gibt es einen Anlass für diese Ehre?“
Stefan nippte an seinem Weinglas und setzte es ab: „Ja, den gibt es.“
Herr Finkstein studierte die Weinflasche.
Stefan rückte sein Weinglas zurecht. „Ich möchte euch meine Verlobte vorstellen.“
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Wilder Mann
Wir saßen im wilden Mann und tuckelten durch die Nacht.
Die lärm- und biergeschwängerte Luft umwehte uns sanft.
Und unsere abgelegten Träume leuchteten an uns vorbei.
Wir saßen im wilden Mann und tuckelten durch die Nacht.
Die lärm- und biergeschwängerte Luft umwehte uns sanft.
Und unsere abgelegten Träume leuchteten an uns vorbei.
Gedichtsammlung: Hoffnungen in der Wüste
"Ich schließe meine Augen
meine Ohren
und schließlich meine Haut.
Niemand dringt mehr unter sie
außer mein Stolz."
...
meine Ohren
und schließlich meine Haut.
Niemand dringt mehr unter sie
außer mein Stolz."
...
Der Nebel in mir
Langsam
richtet sich vor mir
eine Nebelwand auf.
Leicht rot-grau schimmernd,
an den Rändern mit
Vorwürfen ausgeufert.
Es wird sich schon
alles klären,
rede ich mir ein,
während hinter mir
das Chaos explodiert
und der Scheiterhaufen
meiner nicht getroffenen
Entscheidungen
in Flammen aufgeht.
Unentschlossen entschließe ich mich,
mich nicht zu entscheiden,
ob ich das Feuer löschen sollte
und laufe weiter
durch den zähfließenden Nebel
aus pochenden Entscheidungsfragen,
bis ich mich so verlaufen habe,
dass es sich nicht mehr lohnt,
einen Ausweg zu suchen.
Die Luft wird dünner,
meine Glieder schwächer.
Ich gehe zu Boden. Erstickt.
Langsam
richtet sich vor mir
eine Nebelwand auf.
Leicht rot-grau schimmernd,
an den Rändern mit
Vorwürfen ausgeufert.
Es wird sich schon
alles klären,
rede ich mir ein,
während hinter mir
das Chaos explodiert
und der Scheiterhaufen
meiner nicht getroffenen
Entscheidungen
in Flammen aufgeht.
Unentschlossen entschließe ich mich,
mich nicht zu entscheiden,
ob ich das Feuer löschen sollte
und laufe weiter
durch den zähfließenden Nebel
aus pochenden Entscheidungsfragen,
bis ich mich so verlaufen habe,
dass es sich nicht mehr lohnt,
einen Ausweg zu suchen.
Die Luft wird dünner,
meine Glieder schwächer.
Ich gehe zu Boden. Erstickt.
Krone und Klinge zum Geschenk
Wenn ich bewehrt mit fahler Mondsichel und bleichem Dolch aus Knochen in meine Finsternis tauche; meinen Schatten zum Tanz auffordere ...
Was werde ich dann finden?
Wen werde ich dort finden?
Wenn ich bewehrt mit fahler Mondsichel und bleichem Dolch aus Knochen in meine Finsternis tauche; meinen Schatten zum Tanz auffordere ...
Was werde ich dann finden?
Wen werde ich dort finden?
Das Ziel
Die Sonne war fort,
der Weg fast verschwunden
eng um die hohen Berge geschlungen
zu einem fernen, unbenannt Ort.
Kein Mond am Himmel,
kein Stern wollte blinken
als würd‘ die Welt in Finsternis sinken
fort von allem menschlichen Wimmeln.
Ich sah nicht den Weg
und war so verloren
in eine ewige Suche geboren
durch das Wandern auf schmalem Steg.
Ich suchte, suchte,
doch konnte nicht finden
keiner der Pläne schien zu gelingen,
suchte, suchte und ersuchte.
Es brauchte nicht viel
nur ein winziges Stück,
ein einziger Stern brachte Licht zurück,
ein so wunderbar strahlendes Ziel.
Nicht war wie früher
wo das Licht wieder schien,
die Umgebung, der Weg wieder zu sehn,
der Stern brachte Schwestern und Brüder.
Suchen ging weiter,
aber mit anderem Ziel
auch eine Enttäuschung zählte nicht viel
denn der Pfad war der Wegbereiter.
Es braucht kein Ende,
denn das Ende ist leer,
absolut lang und vermutlich zu schwer,
nur die Suche schreibt neue Bände.
Das Ziel ist der Weg,
ein Licht bringender Pfad,
der neues in das Leben bringen darf;
zählt es doch nur mit wem man ihn geht.
Die Sonne war fort,
der Weg fast verschwunden
eng um die hohen Berge geschlungen
zu einem fernen, unbenannt Ort.
Kein Mond am Himmel,
kein Stern wollte blinken
als würd‘ die Welt in Finsternis sinken
fort von allem menschlichen Wimmeln.
Ich sah nicht den Weg
und war so verloren
in eine ewige Suche geboren
durch das Wandern auf schmalem Steg.
Ich suchte, suchte,
doch konnte nicht finden
keiner der Pläne schien zu gelingen,
suchte, suchte und ersuchte.
Es brauchte nicht viel
nur ein winziges Stück,
ein einziger Stern brachte Licht zurück,
ein so wunderbar strahlendes Ziel.
Nicht war wie früher
wo das Licht wieder schien,
die Umgebung, der Weg wieder zu sehn,
der Stern brachte Schwestern und Brüder.
Suchen ging weiter,
aber mit anderem Ziel
auch eine Enttäuschung zählte nicht viel
denn der Pfad war der Wegbereiter.
Es braucht kein Ende,
denn das Ende ist leer,
absolut lang und vermutlich zu schwer,
nur die Suche schreibt neue Bände.
Das Ziel ist der Weg,
ein Licht bringender Pfad,
der neues in das Leben bringen darf;
zählt es doch nur mit wem man ihn geht.
Grausam wäre jetzt die Sonne
Grausam wäre jetzt die Sonne
hinter Blau und Schwarz, das die Finger schneidet
die die Nebeldaunen in wunde Augen drückt
- Lasst mich schlafen ihr habt was ihr wollt -
Ich behalte Recht und Asche
und Krumen der Woche, rußversengt essbar
Ein bisschen aus blindem Schutt
Um die dunkelnden Augen.
Grausam wäre jetzt die Sonne
hinter Blau und Schwarz, das die Finger schneidet
die die Nebeldaunen in wunde Augen drückt
- Lasst mich schlafen ihr habt was ihr wollt -
Ich behalte Recht und Asche
und Krumen der Woche, rußversengt essbar
Ein bisschen aus blindem Schutt
Um die dunkelnden Augen.