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C.O.

Blau oder Das Gelebte ist dem Leben egal

Blau, soviel blau, links von mir, rechts von mir, ihr, atme blau, lache blau und wusste, dass ein Moment nur ein Moment ist, konnts nicht fassen, kanns nicht fassen, da war das Glück, in dem Moment, hier ist es, lacht, lautes Lachen, Glück, soviel Glück, lacht mich aus und entfernt sich Stück für Stück. Nichts ist haltbar, Kuchen weggeschmissen, Gedanken halten, bleiben, ich hab alles erreicht, das erreichbare ist eine Sekunde. Ich lebe für Sekunden.



L. B.

Hier ist es gerade recht still, beat auf repeat, schwarzer Himmel, schwarzes Zimmer, schwarze Farbe unter deiner Haut, verlaufen, Schminke läuft und der Kopf nickt immer im gleichen Takt. Filmmusik in einem Stück, in dem nichts passiert, Fantasie beherrscht die Realität, verdrängt morgen die Realität, füllt die Bühne. Bis nichts mehr bleibt als eine Leere, die einen blinden Schleier über die Bühne zieht, über eine Darstellung, die nie stattfand. Stillstand und der Staub legt sich, fällt leise, nur die Musik spielt immer weiter, unterstreicht ein leeres Blatt Papier, verfängt sich in Schlieren aus Watte und verhöhnt einen nicht endenden Moment. Farbe läuft das Bild herab, schwarze Farbe verschwimmt und verwischt die Szene. Helles Grau und Töne, die sich lösen und neu beginnen, beat auf repeat. Hier ist es gerade recht still.


Machs gut oder das Ende einer Reise

Was soll man denn da schreiben.
Wie lange liegst du da schon,
liegt dein Körper da schon,
die letzte Vibration vom Zug
über deiner Brücke.
Und er fährt weiter,
jemand schaut aus dem Fenster,
schaut weit,
niemand schaut runter,
der Scheiß zieht mich runter.
Und ja ich weiß, was ich muss,
aber scheiß auf die Sucht.
Stille.
Du bist wieder allein,
Fliegen haften an dir,
krabbeln über deinen Mund,
der mich offen anlacht,
mich offen angelacht hat.
Der Tabak knistert,
die Nägel voller Dreck,
Feuerzeug,
atmen.
Rauch und Stille.


Die gleichen Hände

Bonjourno, einen Kaffee bitte,
aber ja, wie immer,
aber nein, kein Cognac,
Spaßvogel.

Der Blick flattert durch den Raum,
Unsicherheit über deine Wichtigkeit,
ja, wir haben dich vermisst,
natürlich.

Bestätigung.
Der Blick setzt sich,
du beginnst zu erzählen.

Von draußen, unter der Brücke,
Fred ist im Knast und der Winter ist kalt
Aber es geht weiter,
so ist das nunmal,
so ist das nunmal?

Mein Kopf findet keine angemessenen Worte,
keine angemessenen Worte,
um deinen Blick festzuhalten,
du siehst umher,
ich sehe deine Unruhe keimen.

Du erzählst weiter,
deine Finger fahren über den Tisch.
Ich versuche dir zu folgen,
verheddere mich in deinen Geschichten.

Deine Tage fließen ineinander über,
nur deine Hände sind starr,
starr von der Kälte dort draußen.
Wird eine halbe Stunde hier drin reichen, sie aufzuwärmen?

Deine Finger umschließen die Tasse,
lange Finger,
gegerbte Haut.
Kann man an den Händen die Geschichten der Menschen ablesen?
Sagen mir deine Hände, dass du trinkst?
Dass sie nachts Halt auf dem Asphalt suchen?
Und während du nach Sätzen suchst,
die keine Lügen sichtbar machen,
keine Lücken lassen,

sehe ich auf deine Hände,
deine Hände auf dem Tisch,
die Hände meines Großvaters auf dem Tisch.
Warum habt ihr die gleichen Hände?
Die gleichen Hände gehabt?
Hat man den Fingern meines Großvaters das Töten angesehen?
Dass sie Kinderwangen gestreichelt haben
Frauen liebkost?

Warum habt ihr die gleichen Hände?


Fuck you

Worte,
immer die gleichen Worte,
Lieder.
Staub schwebt,
flimmert in der Hitze,
schimmert im Lichtstrahl,
der sanft niederfällt.
Dreht sich,
leise,
um sich selbst.
Ich drehe mich,
im Kreis.
Immer im Kreis.
Fenster,
Tür,
Wand,
Fenster,
Tür,
Licht,
Dunkel,
Licht,
Dunkel,
Dunkel,
Stillstand.

Was steht, fällt nicht.
Fällt schon,
lange.
Staub steht,

legt sich,
langsam.
Glitzert.
Wärme,
das Licht bricht sich.

Knochen brechen.
Drehe,
mit festgehaltenen Armen.
Es knackt.
Die Platte beginnt von vorn.

Ich stehe und falle.



Lass uns die Seite wechseln

“Lass uns die Seite wechseln", sagtest du mal
Jetzt stehst du da
So nah, Blick so weit
Das Fenster steht auf
Ich zucke zusammen,
Laute zerstören Stille
Haut auf Haut
Lippen auf Lippen
Hitze, Gänsehaut
Finger, die Konturen entlangfahren
Du hörst nichts
Bist so weit
Deine Finger fahren den Knauf des Fensters entlang
Seine Lippen streifen Knochen
Knochen unter Haut
Stille
Stille und Keuchen
Warum tust du das?
Ich sehe dein Zittern
Sie zittert unter seinen Lippen
Scham und Hitze
Hinter halb geschlossenen Augen sieht man nur noch die Schemen der Lichter
Deine Augen sind offen
Das erste mal sehe ich dich klar
Wind dringt in das Zimmer ein
Verfängt sich in deinen Haaren
Lässt dich kalt
Sein Atem ist so warm
Stöhnen
Du hörst nichts
Er ist ihr so nahe
Sein Körper schmiegt sich an ihre Form
Ich möchte dich berühren
Du schaust nur geradeaus
Widmest dem Boden keinen Blick
Er schaut auf sie herab
Verschleierter Blick
Liebkost sie
In dir ist keine Liebe mehr
Oder bist du untergegangen in ihr?
Du schwingst dich hoch
Er dringt tief in sie
Sie lässt sich fallen
Du lässt los.

Seine Tasse

Und er sitzt auf seinem Stuhl
Die Hand an der Tasse
Kein Zittern spiegelt sich
Und er rührt
Der Löffel schlägt an das Porzellan
Im Kreis
Immer weiter im Kreis
Schlägt seinen Takt
Geheimnisvoller Takt

Und er beugt sich über seine Tasse
Schlägt seinen eigenen Takt
Bald berührt die Nase den Kakao
Alles entschwindet dem Blick
Die Welt
Bestehend aus Geruch
Farbe
Und dem Schlagen am Rand der Tasse
Ohne Unterlass
Nichts von außen kann mehr zu ihm dringen
Ihn erreichen
Und auf dem Tisch draußen flattert die Zeitung
Die Luft riecht nach Honig
Blätter bewegen sich
Leise
Warmer Wind
Seiten schlagen auf

Die Welt schreit
Sie schreit
Die Luft zerreißt
Die Welt zerreißt
Das Leben zerreißt
Der Himmel stürzt herab
Als hätte es ihn nie gegeben
Und das Schreien hört nicht auf


Ich will mir die Ohren zuhalten
Doch bin gelähmt
Und merke, dass ich es bin, die schreit
Ich falle zu euren Füßen
Wozu gibt es Beine, wenn laufen nicht möglich ist
Ich flehe euch an
Hört auf
Hört auf
Warum
Warum
Die Welt ist nicht mehr fassbar

Die Seiten der Zeitung rascheln laut
Als wollten sie den Schrei der Welt unterstreichen
Ein Schrei
Der nicht mehr verstummen wird
Der Wind zerrt an dem Papier
Ich wünschte, er würde es mit sich reißen

Und er rührt weiter in seiner Tasse
Immer weiter
Erschafft er den Strudel in seiner Welt
Zieh mich mit
Will ich sagen
Doch bleibe stumm
Er hält meine Hand
Die bereits eiskalt ist
Und entgleitet

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